Betreff: Joghurt

Heute war ich im Supermarkt. War super dort, wie immer. Viel zu voll, ständig steht dir ein Einkaufswagen im Weg, ein Einkaufserlebnis der ersten Güte. Auf dem Weg zu diesem wunderbaren Termin in meinem Tagesablauf, dachte ich über einen Ratschlag nach, den ich neulich erhalten hatte: „Wenn man Lust auf ein Snickers hat, dann signalisiert der Körper ja eigentlich was anderes. Ich mach‘ mir dann immer eine Schüssel mit Honig, Haferflocken, Joghurt, Nüssen und Früchten. Das befriedigt genau so wie ein Snickers und ist viel gesünder“.

Darüber sinnierte ich auf dem Weg zum Einkaufen und fragte mich, warum ich trotzdem eigentlich so viel lieber ein Snickers essen würde. Eigentlich finde ich einen geilen Joghurt mit gutem Shit drin auch hervorragend. Aber mir dämmerte, dass es gar nicht so sehr der Geschmack oder der Industriezucker ist, der mich für das Snickers erwärmt, sondern vielmehr die Simplizität des Snickers. Ich mache die Packung auf, ich verschlinge das Snickers und werfe die Verpackung weg. Zack, done, geil, Zeit gespart für noch ein zweites oder drittes Snickers im Zweifelsfall.

Wenn ich mir den oben besagten Joghurt machen wöllte, sähe das direkt ganz anders aus: in dem viel zu kleinen Fach unseres Küchenschranks nach Haferflocken und Nüssen fahnden. Dabei fällt mir das Honigglas heraus, das fange ich noch, aber die Linsen oder wahlweise der Reis schafft es herauszupurzeln und verteilt sich im besten Fall nur über der Küchenablage. Toll, wahlweise die Nüsse oder die Haferflocken sind leer, muss ich wohl auf eine der Zutaten verzichten. Joghurt ist zu wenig, kann man das auch mit Milch strecken oder mit dem Rest der Creme fraîche? Die Hälfte der Erdbeeren ist schon geschimmelt, ich schneide mich beim Zubereiten in den Finger, ich zittere ja wegen zu wenig Zucker.

Dann panscht man das zusammen. Schmeckt vielleicht sogar gut, je nachdem ob man das richtige Verhältnis der Zutaten da hatte, eventuell sogar besser als das Snickers. Aber jetzt hat man halt noch die Schüssel da und den Löffel und das blutige Messer mit dem man die Erdbeeren geschnitten hat. Die Spülmaschine ist wahlweise voll oder gerade durchgelaufen, also hat man jetzt die Wahl statt genüsslich zu verdauen die Spülmaschine auszuräumen oder die Schüssel drei Tage in der Wohnung herumstehen zu haben. Beim Spülmaschine ausräumen passen die Töpfe nicht mehr richtig in den Schrank, ein Glas fällt runter, jetzt hat man Reis und Scherben, im besten Fall nur auf der Ablage, aber höchstwahrscheinlich auch auf dem Boden. Mindestens den Reis hat man auch schon ins Wohnzimmer getragen, dort hat man ja den Joghurt gegessen. Die Nerven sind am Ende, man bräuchte ein Snickers.

Wer hat denn Zeit und Bock auf sowas? Aber insgesamt dachte ich mir so beim Weg in den Supermarkt: „Eigentlich“, dachte ich mir, „eigentlich müsste der hochüberlegene freie Markt das doch regeln. Es besteht ja mit mir die Nachfrage nach einem Joghurt, der einfach nur aus Joghurt und Früchten besteht.“ Natürlich weiß man instinktiv, dass dem nicht so sein wird. So steht man dann also vor dem Joghurtregal und muss sich wundern. Es gibt ca. 4 Milliarden Joghurt-Sorten (sogar in unserem Crack-Edeka), aber in ca. alle wird Zucker beigemischt. Steht interessanterweise auf allen Joghurtbechern aus irgendeinem Grund als „Rübenzucker“ drauf, als ob es das jetzt besser macht. Und ich verstehe v.a. nicht wieso?! Joghurt mit Früchten drin schmeckt doch einfach geil, eines der wenigen Produkte das sogar ohne Zucker echt ziemlich gut schmeckt. Schön simpel: Erdbeeren, wer es fancy mag nimmt Himbeeren oder, ganz gewagt, sogar beides, zack, Joghurt drüber: perfekter Snack incoming. Wieso muss man das mit Zucker auffüllen? Ich würde ja noch akzeptieren, wenn man da eine Tonne Konservierungsmittel reinknallt, so ein reiner Joghurt mit Früchten wird ja vermutlich nicht so lange zu lagern sein, wobei ich vermuten würde, dass man da mit industrieller Produktion und Abpackung einiges regeln kann, aber ich kenne mich zu wenig aus.

Aber selbst das riesige Bio-Abteil glänzt mit dem Angebot „Hier gibt es Naturjoghurt ohne Zucker, wenn du jeden Tag 7 Stunden Zeit hast kannst du dir geilen Joghurt selbst machen oder du nimmst hier den Fertigen: Zutaten: Joghurt, (Rüben-)Zucker und andere nicht erwähnenswerte Dinge.

Aber ich habe nicht aufgegeben, ich trotze dem Kühlregal. Es war sehr kalt und dann fand ich den heiligen Gral: Activia von Danone hat offensichtlich Joghurt mit Frucht, fertig angerührt und ohne Zuckerzusatz. Wow! Leider hatte ich mein Handy nicht dabei, ich hätte gerne ein Foto davon gemacht wie dieses brillante Produkt völlig verschämt im Regal stand. Es waren noch genau zwei Viererpacks zu haben (wobei es nicht danach aussah, als sei der Rest gekauft worden, sondern eher als ob man sich nicht traute mehr in das Regal zu stellen), umzingelt von den Heerscharen gezuckerter Konkurrenz.

Ich wollte den Claim überprüfen und schaute also auf die Zutatenliste. Vielversprechend waren auf der Packung Erdbeeren und Himbeeren abgebildet. Und dann steht da auf der Zutatenliste folgendes: Joghurt, Erdbeeren, Datteln, Himbeeren. Alter! Wer um alles in der Welt macht in den Scheiß Joghurt verfickte Datteln? Scheiße man, gebt mir doch einfach Joghurt mit Erdbeeren. Wundert ihr euch, dass dieses Produkt so schlecht verkauft wird? Ich will keine ekelhaften Datteln in meinem Joghurt. Diese Dinge sollten nichts miteinander zu tun haben. Ich weiß nicht warum genau, aber ich finde Datteln fürchterlich. Trauma aus der Schule vermutlich, als wir in bilingualem Erdkundeunterricht in der 7. Klasse ein Jahr lang über hässliche Dattelpalmen in der Sahel-Zone gesprochen haben. Bestimmt voll das wichtige Thema dort und in den sozio-kulturellen und wirtschaftlichen Zusammenhängen echt relevant, aber erstens habe ich halt nur die Hälfte verstanden (weil war ja auf französisch) und zweitens ist ein Jahr lang echt zu viel. Auf jeden Fall kann ich mich mindestens daran erinnern, dass ich schon zu dieser Zeit Datteln verachtet habe.

So stehe ich also 22 Jahre später so kurz vorm Ziel, einen geilen fertigen Joghurt mit Erdeeren und Himbeeren zu kaufen, und diese scheiß Datteln (vermutlich aus der Sahelzone) machen mir einen Strich durch die Rechnung. Die zweite Sorte ist Aprikose, Maracuja und Mango. Argwöhnisch schaue ich auf die Zutatenliste, vielleicht hat jemand gekochten Schinken untergemischt. Aber wider Erwarten enthält es tatsächlich nur Joghurt, Aprikosen, Maracuja und Mango (gut und Zitronensäure und andere Kleinigkeiten). Krass. Ich bin erstaunt. Ich kaufe das Produkt, schon auch mit einem schlechten Gewissen, ich weiß es zwar nicht genau, aber vermutlich ist Danone das kleine Geschwisterchen von Nestlé und vergewaltigt auch alles unter der Sonne, das uns Menschen lieb und teuer sein sollte. Aber diese Entscheidung, die vermutlich ein sehr mutiger Mitarbeiter gegen unglaubliche Widerstände über 30 Jahre erwirkt hat, sollte doch belohnt werden.

Ich habe dieses Geschenk des Himmels jetzt zwar noch nicht probiert, weil es mir kostbarer als Gold besetzt mit Diamanten und Datteln erscheint, aber ich werde diesen Moment zelebrieren. Hoffentlich schmeckt es. Und hoffentlich, wenn es denn tatsächlich schmeckt, gibt es das auch in Zukunft noch zu kaufen. Vielleicht eines Tages sogar in Erdbeere und Himbeere ohne Datteln.

In related news: Alter, könnt ihr bitte nicht diese merkwürdige Sommer-Kokos-Knoppers neben die normalen Knoppers legen? Der kleine Aufkleber in leicht anderem Blauton ist schnell übersehen. Will jemand ein Kokos-Knoppers, hab‘ da ein paar über?! Spoiler: schmeckt scheiße, macht doch zur Krönung noch ein paar Datteln rein, why not?